Zeitraffer

Zeitraffer

Timelapse-Effekt aus Foto- oder Videoaufnahmen erstellen

In diesem Tutorial zeigen wir euch, wie man Zeitrafferaufnahmen (engl.: Timelapse) erstellen und damit für Abwechslung in Videos sorgen kann.

Viele von euch kennen sicher die eindrucksvollen Szenen aus dem Film 'Lifecycles', wo die Kette eines Mountainbikes innerhalb von Sekunden verrostet, das Profil eines Reifens verschwindet, der Schnee von eingeschneiten Bikes schmilzt oder Dirt auf dem Reifen wie von Zauberhand eintrocknet.

Vergleichbare Effekte kann man relativ einfach selber aufnehmen, entweder mit einer Videokamera oder einem Fotoapparat (auch mit jeder Actioncam).

Was genau ist Zeitraffer?
Bei dieser Aufnahmemethode werden Vorgänge, die man in Echtzeit nicht sehen würde, durch eine Langzeitaufzeichnung eingefangen und anschließend durch schnelleres Abspielen innerhalb von wenigen Sekunden gezeigt.

Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel: ein nasser Reifen trocknet in der Sonne. Dieser Vorgang dauert in der Realität mehrere Minuten. Schaut man dabei zu, dann sieht man kaum eine Veränderung, weil der Vorgang viel zu langsam abläuft. Nimmt man das ganze auf Video auf und spielt es später mit x-facher Geschwindigkeit ab, so verdampft das Wasser innerhalb von Sekunden vom Reifen.

Zeitraffer
Bei dieser Aufnahme steht der Himmel im Vordergrund, das Ziehen der Wolken soll beschleunigt werden

Voraussetzungen für die Aufnahme (Foto und Video)
Für Zeitraffer braucht man konstante Bedingungen. Die Kamera muss auf einem Stativ stehen, auf möglichst festem Untergrund, so dass während der gesamten Aufnahme nichts wackelt (auch Schritte können für Erschütterung an der Kamera sorgen).

Konstantes Licht ist ebenfalls wichtig. Unter freiem Himmel ist ein Wechsel aus Sonne und Wolken extrem ungünstig, da sich jede Lichtveränderung auf der Aufnahme bemerkbar macht. Entweder blauer Himmel oder eine graue Wolkendecke sind ideal, wenn man Objekte im Freien aufnehmen möchte. Auch sollte man nicht selbst in der Nähe des gefilmten Objektes rumlaufen, da es zu Spiegelungen auf Lack und Metallteilen kommen kann.

Wind kann ebenfalls störend sein, denn dadurch können Gras, Büsche oder Bäume im Hintergrund wackeln - das sieht später in Kombination mit dem eigentlich gefilmten Objekt merkwürdig aus. Der Bildausschnitt sollte so gewählt sein, dass sich im Vorder- oder Hintergrund nichts bewegt. Autofokus und Bildstabilisierung sollte man ausschalten, die Belichtung manuell einstellen.

Zeitraffer aus Videoaufnahmen
Das Prinzip ist einfach: eine lange Aufnahme wird später im Videoschnitt beschleunigt. Im Beispiel haben wir ein Bike auf einer Terrasse vor einer interessanten Wolkenkulisse ca. 10 Minuten lang gefilmt. Dieses Video wird in der Schnittsoftware stark beschleunigt, so dass es innerhalb von wenigen Sekunden abläuft.

Je nach verwendetem Programm funktioniert diese Einstellung unterschiedlich. Schaut nach, ob ihr die Geschwindigkeit des Clips um einen Faktor erhöhen (z.B. Faktor 100 = 100-fache Geschwindigkeit), die Abspielgeschwindigkeit prozentual hochsetzen (von 100% auf 10.000%) oder dem Clip eine neue Dauer zuordnen könnt (10 Sekunden anstatt 10 Minuten).

Zeitraffer aus Fotoaufnahmen
Diese Methode ist etwas aufwändiger, bietet aber auch einen größeren kreativen Spielraum. Kontinuierliche Fotoaufnahmen (Intervallaufnahmen) bietet jede Actioncam. Bei anderen Fotokameras ist dieser Modus nicht so weit verbreitet. Falls dieser fehlt, kann man mit einem externen Fernauslöser-Timer (z.B. Phottix TR-90, ca. 50 EUR) kontinuierliche Serienbilder schießen.

Zeitraffer
Hier soll das Wasser von Reifen und Hauswand innerhalb von Sekunden verdampfen

Für Canon DSLRs gibt es die kostenfreie Firmware-Erweiterung 'Magic Lantern', die ebenfalls Intervallaufnahmen ermöglicht. Ein Notbehelf wäre ein einfacher Kabel-Fernauslöser (ca. 10 EUR), mit dem man die Kamera erschütterungsfrei manuell auslösen kann... Foto für Foto, eine Menge Arbeit.

Technischer Hintergrund
Eine normale Filmaufnahme besteht aus 25 Bildern pro Sekunden (PAL-Norm). Wir brauchen also 25 einzelne Fotoaufnahmen, um eine Sekunde Film zu erzeugen. Indem man den zeitlichen Abstand zwischen einzelnen Fotoaufnahmen vergrößert, erhält man den Zeitraffer-Effekt. Wenn wir jede Sekunde ein Foto schießen, dann brauchen wir 25 Sekunden, um die benötigten 25 Bilder für eine Sekunde Film zu kommen. Wir haben den Vorgang, der in Echtzeit 25 Sekunden dauert, damit bereits in einer Sekunde zusammengefasst (also um den Faktor 25 beschleunigt).

Je größer der Abstand der einzelnen Aufnahmen, desto stärker wirkt sich der Zeitraffer-Effekt später aus. Wenn man sich sehr langsam verändernde Objekte filmen möchte (langsam trocknende Erde an einem Bike), braucht man einen großen Abstand zwischen den einzelnen Fotos (z.B. 1 Foto pro Minute, man braucht 25 Minuten für eine Sekunde Film).

Bildgröße
Ein Full-HD Video hat die Abmessungen 1920 Pixel Breite x 1080 Pixel Höhe. Fotokameras speichern Fotos in bis zu 5000 Pixeln Breite ab. Um überflüssige Datenmengen zu vermeiden solltet ihr die Fotogröße vor der Intervallaufnahme einstellen. 2000 Pixel Bildbreite reichen also locker aus, eventuell auch mit geringerer JPG-Qualität. Je kleiner die Dateigröße eines Einzelbildes ist, desto mehr passen auf die Speicherkarte - die Aufzeichnung kann also länger laufen.

Einzelfotos in Filmsequenz umwandeln
Die Einzelfotos lassen sich per Software in eine Filmsequenz umwandeln. Auf dem Mac ist iMovie standardmäßig installiert, damit funktioniert es. Auch Quick Time 7 Pro für 27 Euro ist ein gutes Tool. Oder mal im Web nach Freeware suchen ('Zeitraffer aus Fotos'). Der fertige Film kann in einer Videoschnittsoftware weiter bearbeitet werden. Kleiner Trick mit großer Wirkung: wenn der erstellte Zeitraffer-Clip größere Abmessungen hat als das Full-HD Format, dann sind sogar nachträgliche Zooms oder Bildausschnittverschiebungen ohne Qualitätsverlust möglich.

Wie unsere einfachen Zeitraffer-Beispiele im Film aussehen, seht ihr in dem Video. Versucht es einfach mal selbst, ziehende Wolken und Sonnenuntergänge sind leicht zu filmende Motive.

09.10.2013 © FULLFACE  |  Text: Jürgen Schall  |  Fotos/Grafiken: Jürgen Schall